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Kulturgüterrückgabegesetz (KultGüRückG)

 

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Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 93/7/EWG des Rates über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats verbrachten Kulturgütern (Kulturgüterrückgabegesetz - KultGüRückG)

vom 15. Oktober 1998 (BGBl. I S. 3162)
 

Abschnitt 1

Geltendmachung des öffentlich-rechtlichen Rückgabeanspruchs für deutsches national wertvolles Kulturgut
 

§ 1 Geschützte Gegenstände

Kulturgut im Sinne dieses Abschnitts sind alle Gegenstände, die nach dem Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung durch Eintragung in das „Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes" oder in das „Verzeichnis national wertvoller Archive“ geschützt sind oder für die ein Eintragungsverfahren eingeleitet und die Einleitung des Verfahrens öffentlich bekanntgemacht worden ist.
 

§ 2 Rückgabeanspruch

Die Länder machen den Rückgabeanspruch auf Kulturgut, das unrechtmäßig in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union verbracht wurde, im Benehmen mit der Zentralstelle des Bundes im jeweiligen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Rahmen der dort geltenden Vorschriften außergerichtlich und gerichtlich geltend.
 

§ 3 Zentralstelle

Zentralstelle des Bundes im Sinne dieses Gesetzes ist das Bundesministerium des Innern. Die Länder benennen ihre Zentralstellen.
 

§ 4 Eigentum

(1) Das Eigentum an Kulturgut, das nach den Bestimmungen dieses Gesetzes auf Verlangen in das Bundesgebiet zurückgegeben wird, richtet sich nach den deutschen Sachvorschriften.

(2) Bürgerlich-rechtliche Ansprüche und Rechte auf das Kulturgut werden durch Rückgabeansprüche im Sinne des § 5 dieses Gesetzes nicht berührt.
 

Abschnitt II

Rückgabeansprüche anderer Mitgliedstaaten
 

§ 5 Voraussetzungen der Rückgabepflicht

(1) Ein unrechtmäßig nach dem 31. Dezember 1992 aus dem Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union in das Bundesgebiet verbrachter Gegenstand ist diesem Mitgliedstaat auf sein Ersuchen zurückzugeben, wenn dieser Gegenstand

1. vor der Verbringung von dem ersuchenden Mitgliedstaat durch Rechtsvorschrift oder Verwaltungsakt als nationales Kulturgut von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert im Sinne des Artikels 36 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft öffentlich eingestuft wurde oder seine Einstufung als nationales Kulturgut eingeleitet und die Einleitung des Verfahrens öffentlich bekanntgemacht wurde und

2. entweder

a) unter eine der im Anhang der Richtlinie 93/7/EWG des Rates vom 15. März 1993 über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats verbrachten Kulturgütern genannten Kategorien fällt oder

b) als Teil einer öffentlichen Sammlung in ein Bestandsverzeichnis eines Museums, eines Archivs, einer kirchlichen Einrichtung oder in das Bestandsverzeichnis der erhaltungswürdigen Bestände einer Bibliothek eingetragen ist und die Sammlung selbst oder die Einrichtung, zu der sie gehört, nach der für sie gültigen Rechtsordnung einer öffentlichen Einrichtung gleichstellt.

(2) Vom Besitzer oder Dritten auf Grund rechtsgeschäftlicher Verfügung oder Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung erworbene Rechte stehen der Rückgabepflicht nicht entgegen.

(3) Kulturgut ist unrechtmäßig aus einem anderen Mitgliedstaat verbracht worden, wenn bei seiner Ausfuhr gegen die dort gültigen Rechtsvorschriften für den Schutz nationaler Kulturgüter oder gegen Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaften über die Ausfuhr von Kulturgütern verstoßen worden ist.

(4) Als unrechtmäßig verbracht gilt auch jede nicht erfolgte Rückkehr nach Ablauf der Frist für eine vorübergehende rechtmäßige Verbringung und jeder Verstoß gegen eine andere Bedingung für diese vorübergehende Verbringung.

(5) Die Kosten der Rückgabe und der zur Sicherung und Erhaltung des betroffenen Kulturgutes erforderlichen Maßnahmen trägt der ersuchende Mitgliedstaat.
 

§ 6 Rückgabegläubiger, Rückgabeschuldner

(1) Der Rückgabeanspruch steht dem Mitgliedstaat zu, aus dessen Hoheitsgebiet das Kulturgut unrechtmäßig in das Bundesgebiet verbracht worden ist.

(2) Rückgabeschuldner ist, wer für sich selbst oder für einen anderen die tatsächliche Sachherrschaft über das Kulturgut ausübt.
 

§ 7 Durchführung und Sicherung der Rückgabe

(1) Die zur Ermittlung des rückgabepflichtigen Kulturgutes, seiner Sicherung und seiner Rückgabe erforderlichen Maßnahmen fallen in die Zuständigkeit der Länder.

(2) Erhalten die für die Rückgabe des Kulturgutes zuständigen Behörden Kenntnis von Kulturgut, bei dem der dringende Verdacht besteht, daß es unrechtmäßig aus einem anderen Mitgliedstaat in das Bundesgebiet verbracht worden und an diesen zurückzugeben ist, so ordnen sie seine Anhaltung an oder veranlassen deren Anordnung durch die dafür zuständige Behörde. Die Anhaltung ist unverzüglich der Zentralstelle des Bundes zu melden.

(3) Das angehaltene Kulturgut darf nicht ausgeführt und nur mit schriftlicher Zustimmung der zuständigen Zentralstelle des Landes an andere Personen oder Einrichtungen weitergegeben werden.

(4) Die Anhaltung ist aufzuheben, wenn keiner der von der Zentralstelle des Bundes zu unterrichtenden Mitgliedstaaten fristgemäß um die Rückgabe des angehaltenen Kulturgutes ersucht. Das Rückgabeersuchen ist innerhalb von zwei Monaten bei der Zentralstelle des Bundes zu stellen. Die Frist beginnt mit dem Eingang der Mitteilung über die Anhaltung bei der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, aus dessen Hoheitsgebiet das Kulturgut unrechtmäßig verbracht worden ist. Der Rückgabeanspruch ist glaubhaft zu machen.

(5) Das angehaltene Kulturgut ist nach Maßgabe landesrechtlicher Vorschriften sicherzustellen, sofern zu befürchten ist, daß seine Rückgabe an den ersuchenden Mitgliedstaat verhindert werden soll oder daß es Schaden erleidet.
 

§ 8 Eigentum an zurückgegebenem Kulturgut

Das Eigentum an Kulturgut bestimmt sich nach erfolgter Rückgabe nach den Sachvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats.
 

§ 9 Entschädigung

(1) Der Rückgabeschuldner ist zur Rückgabe nur Zug um Zug gegen eine angemessene Entschädigung verpflichtet, wenn nicht der ersuchende Mitgliedstaat nachweist, daß diesem bei Erwerb des Kulturgutes die unrechtmäßige Verbringung aus dem Hoheitsgebiet des ersuchenden Mitgliedstaats bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt war. Bei der Bemessung der Entschädigungshöhe ist die Entziehung der Nutzung des Kulturgutes unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und des Rückgabeschuldners zu berücksichtigen. Für entgangenen Gewinn und für sonstige Vermögensnachteile, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Entzug der Nutzung stehen, ist dem Rückgabeschuldner eine Entschädigung zu zahlen, wenn und insoweit dies zur Abwendung oder zum Ausgleich einer unbilligen Härte geboten erscheint.

(2) Die Entschädigung ist von dem ersuchenden Mitgliedstaat zu entrichten.

(3) Sichert der ersuchende Mitgliedstaat schriftlich zu, daß die Rechte des Rückgabeschuldners an dem Kulturgut durch die Rückgabe nicht berührt werden, so hat er diesem nur die Kosten zu erstatten, die ihm daraus entstanden sind, daß er darauf vertraut hat, das Kulturgut im Bundesgebiet belassen zu dürfen.

(4) Ist das zurückzugebende Kulturgut dem Rückgabeschuldner geschenkt, vererbt oder vermacht worden, so fallen ihm die Sorgfaltspflichtverletzungen des Schenkers oder Erblassers zur Last.
 

§ 10 Verjährung und Erlöschen des Rückgabeanspruchs

(1) Der Rückgabeanspruch des ersuchenden Mitgliedstaats verjährt in einem Jahr von dem Zeitpunkt an, in dem dessen Behörden von dem Ort der Belegenheit und der Person des Rückgabeschuldners Kenntnis erlangen. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Unterbrechung und Hemmung der Verjährung sind entsprechend anzuwenden. Der Rückgabeanspruch erlischt jedoch spätestens 30 Jahre nach dem Zeitpunkt, in dem das Kulturgut unrechtmäßig aus dem ersuchenden Mitgliedstaat ausgeführt worden ist.

(2) Bei Kulturgut, das Teil einer öffentlichen Sammlung oder kirchlichen Einrichtung des ersuchenden Mitgliedstaats im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b ist, erlischt der Rückgabeanspruch nach 75 Jahren. Dieser Rückgabeanspruch erlischt jedoch nicht, wenn und soweit er auch nach dem Recht des um die Rückgabe ersuchenden Mitgliedstaats keiner Verjährung und keinem durch Zeitablauf bedingten Erlöschen unterliegt.

(3) Erteilt die zuständige Behörde des ersuchenden Mitgliedstaats für unrechtmäßig ausgeführtes Kulturgut nachträglich eine Ausfuhrgenehmigung, so kann seine Rückgabe nicht mehr gefordert werden. Das gleiche gilt, wenn die Ausfuhr auf Grund einer nach ihr in Kraft getretenen Rechtsänderung Rechtmäßigkeit erlangt.
 

§ 11 Aufgaben der Zentralstellen der Länder

Die Aufgaben, die im Zusammenhang mit der Rückführung rechtswidrig in das Bundesgebiet verbrachten Kulturgutes der anderen Mitgliedstaaten stehen, werden von den Zentralstellen der Länder wahrgenommen. Diese sind insbesondere zuständig für

1. die von dem ersuchenden Mitgliedstaat beantragten Nachforschungen nach einem bestimmten Kulturgut, das unrechtmäßig aus seinem Hoheitsgebiet verbracht wurde und nach der Identität seines Eigentümers oder Besitzers. Dem Antrag sind zur Erleichterung der Nachforschungen alle erforderlichen Angaben beizufügen, insbesondere über die Veröffentlichung als national wertvolles Kulturgut und den tatsächlichen oder vermutlichen Ort der Belegenheit des Kulturgutes;

2. die Unterrichtung der betroffenen Mitgliedstaaten im Fall des Auffindens eines Kulturgutes, wenn begründeter Anlaß für die Vermutung besteht, daß das Kulturgut unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats verbracht wurde;

3. die Erleichterung der Überprüfung durch die zuständigen Behörden des ersuchenden Mitgliedstaats, ob der betreffende Gegenstand ein Kulturgut darstellt, sofern die Überprüfung innerhalb von zwei Monaten nach der Unterrichtung nach Nummer 2 erfolgt. Wird diese Überprüfung nicht innerhalb der festgelegten Frist durchgeführt, so entfallen die Verpflichtungen nach den Nummern 4 und 5;

4. die Durchführung und erforderlichenfalls die Anordnung der notwendigen Maßnahmen für die physische Erhaltung des Kulturgutes in Zusammenarbeit mit dem betroffenen Mitgliedstaat;

5. den Erlaß der erforderlichen vorläufigen Maßnahmen, um zu verhindern, daß das Kulturgut dem Rückgabeverfahren entzogen wird,

6. die Wahrnehmung der Rolle eines Vermittlers zwischen dem Eigentümer oder Besitzer und dem ersuchenden Mitgliedstaat in der Frage der Rückgabe. Das Landesrecht kann vorsehen, daß, unabhängig von der Erhebung einer Klage, der Rückgabeanspruch zunächst im Schiedsverfahren geklärt wird, sofern zwischen Rückgabegläubiger und Rückgabeschuldner hierüber Einvernehmen besteht.
 

§ 12 Rückgabeklage des ersuchenden Mitgliedstaats

(1) Unabhängig von der Möglichkeit, eine gütliche Einigung über die Rückgabe anzustreben, kann der ersuchende Mitgliedstaat den Rückgabeschuldner auf dem verwaltungsgerichtlichen Rechtsweg auf Rückgabe verklagen.

(2) Drei Monate nach Eingang des Rückgabeersuchens bei der zuständigen Zentralstelle kann Klage erhoben werden. Ihr sind eine Beschreibung des streitbefangenen Gegenstandes und die zum Nachweis der Voraussetzungen erforderlichen Urkunden und Erklärungen beizufügen.

(3) Die Beweislast für das Bestehen des Rückgabeanspruchs, den Entschädigungsanspruch des Rückgabeschuldners und die für die Höhe der Entschädigung maßgeblichen Umstände bemißt sich nach deutschem Recht.

(4) Gibt das Gericht der Klage statt, so entscheidet es zugleich über die dem Beklagten zu gewährende Entschädigung.

(5) § 5 Abs. 5 bleibt unberührt.

(6) Dem Berechtigten steht es frei, unbeschadet des Vorgehens des Mitgliedstaats seine Rechte gegen den Besitzer im ordentlichen Rechtsweg durchzusetzen.
 

§ 13 Strafvorschriften

Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer nationales Kulturgut eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, das öffentlich als nationales Kulturgut eingestuft wurde oder dessen Einstufung als nationales Kulturgut eingeleitet und die Einleitung des Verfahrens öffentlich bekanntgemacht wurde, der zuständigen Stelle vorenthält, es beschädigt oder zerstört, nachdem die zuständige Stelle den Gegenstand nach § 7 Abs. 2 dieses Gesetzes angehalten hat, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.

 


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